Unambitionierte Kanzlerin

Von einer Großen Koalition müssen Impulse ausgehen, die dazu beitragen, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter geschlossen wird.

Bild: pixabay
Deshalb ist es gut, dass sich im Sondierungspapier dazu bekannt wird, dass der Staat eine Verantwortung für ein Mindestmaß an Einkommen hat. Folgerichtig sollen nach dem gesetzlichen Mindestlohn nun auch eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung und eine Grundrente kommen.
Außerdem will ich, dass die mögliche Große Koalition mehr gegen Kinder- bzw. Familienarmut unternimmt. Dazu ist es nicht nur nötig, die Unterstützungsleistungen wie z. B. den Kinderzuschlag zu erhöhen, sondern wir brauchen auch qualitativ gute und kostenfrei zugängliche Frühkindliche Bildung.
Ob sich aus den Verabredungen im Sondierungspapier mit der Union noch etwas machen lässt, wird sich im Laufe der Koalitionsverhandlungen zeigen. Es wird schwer, denn es sitzen drei Parteien am Verhandlungstisch, die nicht mehr miteinander regieren wollten. Was sie eint, ist der Wille, Neuwahlen zu vermeiden, die die Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag nicht substantiell verändern würden.
Die Union besteht aus zwei Parteien, in denen bisher kein ernsthafter Versuch unternommen worden ist, die Wahlniederlage vom September 2017 aufzuarbeiten. Die CDU hat immerhin 7,3 Prozent verloren. Konsequenzen? Keine. Angela Merkel, die in 12 Jahren keine inhaltlichen Impulse gesetzt hat und die tatenlos zugesehen hat, wie die Sondierungen mit FDP und Grünen gescheitert sind, wurschtelt wie immer und soll wieder Kanzlerin werden.
Die CSU stürzte in Bayern um 10,5 auf 38,8 Prozent. Bundespolitisch fällt ihr nur ein Rezept ein, um die Verluste bei der Landtagswahl im Herbst gering zu halten: Die AfD soll mit einem Rechtsruck klein gehalten werden. Dazu kommen ihnen die Koalitionsverhandlungen gerade recht.
In der SPD sind die Vorbehalte gegen eine Regierung mit diesen Parteien und unter „Führung“ einer unambitionierten Kanzlerin natürlich immer noch riesengroß. Viele SPD-Mitglieder fürchten um die dringend erforderliche Erneuerung der SPD. Sie wollen nicht mehr für die Tatenlosigkeit von Frau Merkel und für Provinzpolitiker wie Herrn Dobrindt in Regress genommen werden. Ihre Zustimmung hängt vom Ausgang der Koalitionsverhandlungen ab.

Die bisher erzielten Ergebnisse der Sondierungen rechtfertigen nach meiner Auffassung noch keine Fortführung der Großen Koalition. Da muss noch einiges kommen.

 

Erschienen als „Bericht aus Berlin“ in der Eckernförder Zeitung am 25.01.2018 zur Fragestellung: „Deutschland vor der dritten GroKo: Welche Impulse können von einem solchen Bündnis der Wahlverlierer ausgehen?“.