Bis hierhin war es ein langer Weg. Aber aufgrund der Tatsache, dass sich die FDP kurzerhand aus der Verantwortung gestohlen hat, war dieser umfangreiche politische Prozess notwendig. Er hat gezeigt, dass unsere Demokratie funktioniert.
In der folgenden Großen Koalition müssen wir es schaffen, einen neuen Regierungsstil zu etablieren, der den Bürgerinnen und Bürgern zeigt, dass ihre Probleme in Berlin ernst genommen und angepackt werden. Es muss deutlich werden, dass – obwohl wieder dieselben Parteien miteinander regieren – ein „Weiter so“ keine Option ist. Das ist auch wichtig, um der AfD, die jetzt stärkste Oppositionspartei ist, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aufgrund der intensiven politischen Debatten der letzten Wochen und der schwierigen Regierungsbildung ist kaum durchgedrungen, dass die Abgeordneten im Deutschen Bundestag bereits politisch arbeiten. Auch deshalb ist es wichtig, dass jetzt die neue Regierung aktiv wird.
Innerhalb der SPD müssen wir einen Spagat hinbekommen: Einerseits mit der Union konstruktive Regierungsarbeit leisten und das Leben der Menschen spürbar verbessern.
Gleichzeitig führt kein Weg daran vorbei, die SPD personell und programmatisch zu erneuern. Wir müssen wieder ganz deutlich das sozialdemokratische Profil zeigen und uns abgrenzen. Dazu gehört für mich auch, dass wir unsere Ziele aus dem Bundestagswahlkampf nicht aufgeben. Z. B. wollen wir die Zwei-Klassen-Medizin abschaffen. Und auch eine gerechtere Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen ist mir wichtig. Ich möchte im Regierungshandeln unseren programmatischen Ansatz klar erkennen können. Da der Koalitionsvertrag deutlich sozialdemokratisch geprägt ist, bin ich zuversichtlich, dass das gelingen wird.
An der pro-europäischen Haltung der Bundesregierung wird sich nichts ändern. Eine Herausforderung wird der Dialog mit den Mitgliedsstaaten werden, deren europafreundliche Bekenntnisse sich nicht in ihrer Politik widerspiegeln. Europa bedeutet Einigkeit, Zusammenhalt und füreinander einstehen. Dazu passt es nicht, dass sich Staaten „europäische Rosinen“ herauspicken, wenn es schwierig wird aber rücksichtslos nationalstaatliche Interessen durchzusetzen versuchen. Hier müssen wir in der Sache hart sein und im Umgang fair zu Lösungen kommen.
Erschienen als „Bericht aus Berlin“ in der Eckernförder Zeitung am 07.03.2018 zur Fragestellung: „Wie kann und wird die neue deutsche Bundesregierung die Erwartungen und Ansprüche der Bürger und der europäischen Staatengemeinschaft erfüllen?“