Die in der letzten Woche beschlossenen Grundgesetzänderungen sind für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ein großer Erfolg, für den wir bereits in den Koalitionsverhandlungen den Grundstein gelegt haben. Es ist uns gelungen, die sozialdemokratische Handschrift dieser Koalition deutlich zu machen.
Für die SPD ist der gesellschaftliche Zusammenhalt ein Leitmotiv unserer Politik. Die Lebenschancen eines Menschen dürfen weder von dem Portemonnaie der Eltern abhängen noch von der Postleitzahl der Region, in der man aufwächst. Anders gesagt: Herkunft darf nicht über Zukunft entscheiden. Der Bund hat nach dem Grundgesetz die Aufgabe, für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu sorgen.
Als Ergebnis der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen im letzten Jahr ist die Verantwortung des Bundes dafür weiter gestiegen. Er muss an Stelle der finanzstarken Länder künftig stärker die strukturellen Unterschiede ausgleichen, dafür braucht er dann auch die Instrumente. Die nun beschlossenen Änderungen des Grundgesetzes sind ein wichtiger Beitrag, um die sozialen und regionalen Unterschiede in Deutschland abzubauen. Wir schaffen damit die Voraussetzungen, um die Investitionsmöglichkeiten des Bundes dauerhaft zu verbessern bzw. zu sichern: Zukünftig soll es für den Bund einfacher werden, die Länder bei der Finanzierung von Investitionsvorhaben in den Bereichen Bildung, sozialer Wohnungsbau und ÖPNV-Verkehrsinfrastruktur zu unterstützen.
Mit der Änderung des Artikels 104c GG kann der Bund künftig nicht nur in „finanzschwachen“ Kommunen in die Bildungsinfrastruktur investieren, sondern in allen Kommunen. Damit ist das von uns seit langem abgelehnte Kooperationsverbot endlich weiter aufgebrochen. Qualität und Ausstattung der Schulen gehen uns alle an, und alle staatlichen Ebenen sollten hierzu ihren Teil beitragen. Das war der SPD seit Jahren ein wichtiges Anliegen. Endlich können jetzt alle Schulen in Deutschland eine gute digitale Ausstattung bekommen – z.B. schnelles Internet und Tablets.
Die Grundgesetzänderungen sind auch eine gute Nachricht für die Mieterinnen und Mieter in Deutschland. Denn wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen haben dafür gesorgt, dass der Bund weiter in den sozialen Wohnungsbau investieren kann. Ein neuer Artikel 104d GG ermöglicht es dem Bund, den Ländern dauerhaft und unbefristet Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu gewähren. Wir stellen dafür zusätzliches Geld bereit, 2020 und 2021 jeweils eine Milliarde Euro. Dies wird zu einer Entspannung des Wohnungsmarkts in den kommenden Jahren beitragen.
Geregelt wird außerdem, dass der Bund seine Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr zügig erhöhen kann. Mit der Änderung des Artikels 125c GG kann das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bereits vor dem 1. Januar 2025 geändert werden. So können die Investitionshilfen des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden schon ab 2020 steigen und ab 2021 dann bei einer Milliarde Euro liegen.
Durch die Einigung der Fraktionsvorsitzenden ist zu guter Letzt eine Ergänzung in Artikel 104b Absatz 2 Satz 5 erster Halbsatz GG hinzugekommen. Sie stellt sicher, dass die Länder mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen in dem von der Finanzhilfe erfassten Investitionsbereich selbst tragen müssen. Das bedeutet, dass die mit der Finanzhilfe des Bundes gewährten Mittel je Land nicht höher sein dürfen als sämtliche öffentlich finanzierten Investitionen des jeweiligen Landes in dem entsprechenden Förderbereich. Diese Vorgabe wird dazu beitragen, dass künftige Finanzhilfen des Bundes im jeweils geförderten Investitionsbereich zusätzlich zu den Investitionen des Landes wirken und Bundesmittel nicht lediglich die eigenen Investitionen der Länder ersetzen.
Diese Grundgesetzänderungen sind ein großes Investitionspaket in die Zukunft unseres Landes. In Köpfe, Arbeitsplätze, Heimat, Umwelt und gleichwertige Lebensverhältnisse. Diese Lebensverhältnisse zu schaffen und zu erhalten, ist eine dauernde Aufgabe und Herausforderung. Als nächsten Schritt wird die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ bis Mitte kommenden Jahres Eckpunkte für ein Fördersystem zur Unterstützung struktur-schwacher Regionen vorlegen.
Der Bundesrat als Vertretung der Bundesländer muss den Grundgesetzänderungen noch zustimmen. Ich appelliere daher an die Landesregierungen, diese wichtigen Reformen nicht aus machttaktischen Befindlichkeiten scheitern zu lassen. Das Geld des Bundes kann überall gut für Bildung, Wohnungen sowie Verkehrs- und Digitalinfrastruktur gebraucht werden!