Die Vorschläge für eine Grundrente und unser Konzept für den Sozialstaat bewegen die Gemüter.
Im Koalitionsvertrag haben wir mit der Union vereinbart: „Die Lebensleistung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, soll honoriert und ihnen ein regelmäßiges Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs zugesichert werden.“
Im Detail heißt das für alle, die mindestens 35 Jahre gearbeitet oder in dieser Zeit Kinder erzogen bzw. Angehörige gepflegt haben: Geringe Renten sollen um bis zu 447 Euro aufgestockt werden. Etwa drei bis vier Millionen Rentner*innen würden davon profitieren. Die geschätzten Kosten liegen in einstelliger Milliardenhöhe.
Unser Konzept für den Sozialstaat der Zukunft sieht – stark verkürzt – vor, dass ein „Bürgergeld“ Hartz IV ersetzt, Sanktionen deutlich reduziert werden, der Mindestlohn angehoben wird. Mit einer Kindergrundsicherung soll Kinderarmut verringert werden. Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzugschlag sowie das Bildungs- und Teilhabepaket sollen mit der Kindergrundsicherung als eine Leistung aus einer Hand angeboten werden.
Die Reaktionen unserer politischen Mitbewerber und aus der konservativen Ecke waren erwartbar: Die Vorschläge kämen – natürlich – zu einem falschen Zeitpunkt und seien nicht finanzierbar. Gleichzeitig fordern Union und FDP aber die Abschaffung des Solidaritätszuschlages (je nach Ausgestaltung sind das zwischen 10 – 20 Milliarden Euro pro Jahr), der Grüne Robert Habeck tritt für ein Grundeinkommen ein, überhaupt werden alle möglichen Steuersenkungen immer wieder vorgeschlagen.
Tatsächlich geht es aber nicht um die Frage, ob unsere Vorschläge finanziert werden können, sondern darum, ob wir sie finanzieren wollen!
Wir finden, dass Menschen, die jahrzehntelang hart gearbeitet haben, nicht gezwungen sein sollten, wegen staatlicher Hilfe zum Amt zu gehen. Der FDP-Vorsitzende findet, dass die Leute mit der Grundsicherung zufrieden sein sollen.
Wir finden, dass Arbeitnehmer*innen auf neue Herausforderungen am Arbeitsmarkt vorbereitet sein müssen, dass Lebensleistung in einer solidarischen Arbeitsversicherung wieder mehr Anerkennung finden muss, dass Kinder nicht in Armut aufwachsen sollen. Union und FDP wollen an einer Praxis festhalten, die viele Betroffene als ungerecht empfinden. Deshalb sollten wir offen darüber diskutieren, wie die Gesellschaft aussehen soll, in der wir leben wollen.
Erschienen als „Bericht aus Berlin“ in der Eckernförder Zeitung vom 13.02.2019.