Osterappell zur Seenotrettung

Am 30. Juni 2000, vor fast 20 Jahren, bekannte sich der Deutsche Bundestag mit dem Osterappell „Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik beachten“ zum umfassenden Flüchtlingsschutz. Über 200 Abgeordnete unterzeichneten den Osterappell 2019.

Bild: andreafleischer/photocase

Der von Christian Schwarz-Schilling (CDU) und Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) initiierte Gruppenantrag fand breite Unterstützung bei insgesamt 230 Abgeordneten aller damals im Bundestag vertretenen Fraktionen. Anlehnend an diesen Appell fordern wir heute als Abgeordnete des Deutschen Bundestages die Bundesregierung auf, sich für den Schutz von Menschenleben auf dem Mittelmeer und die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen.
Allein in 2018 sind laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks mindestens 2.275 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ertrunken. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer dürfte deutlich höher sein. Das Sterben an den Grenzen Europas erschüttert uns zutiefst und wir sind vereint in dem Streben, diese humanitäre Katastrophe unverzüglich zu beenden und das Menschenrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen.
Menschen, die auf hoher See in Seenot geraten, vor dem Ertrinken zu retten, ist ein humanitärer Imperativ, der nicht verhandelbar ist. Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Appells, bekennen uns zu der humanitären Pflicht, dass Menschen aus Seenot gerettet und gemäß internationalem Recht in Sicherheit gebracht werden müssen.
Immer häufiger kam es in jüngster Zeit vor, dass einzelne EU Mitgliedstaaten, insbesondere Italien, die Erlaubnis zum Anlegen verweigerten. Schiffe der zivilen Seenotrettung mussten mitsamt der Geretteten an Bord tage-, zum Teil wochenlang, auf offener See unter schwierigsten Bedingungen ausharren, bevor unter den Regierungen der EU Mitgliedsstaaten eine Einigung zur Aufnahme erzielt werden konnte. Dies stellt eine zusätzliche Gefahr dar und führt zu unwürdigen Zuständen für die geretteten Menschen. Auch mit Blick auf die humanitären Grundsätze der Europäischen Union ist dies nicht hinnehmbar. Es darf nicht sein, dass die im See- und Völkerrecht verbriefte Pflicht zur Rettung auf hoher See in Frage gestellt wird. Schiffskapitäne sollen nicht befürchten müssen, für die Rettung und Ausschiffung strafrechtlich verfolgt zu werden. Die Ausschiffung in einen sicheren Hafen muss international vorhersehbar, transparent und verlässlich geregelt werden. Sonst drohen Handelsschiffen, die zur Seenotrettung verpflichtet sind, aus der Erfüllung dieser Pflicht unkalkulierbare wirtschaftliche Risiken zu erwachsen.
Menschenrechtsorganisationen, aber auch das Auswärtige Amt, schildern immer wieder eindrücklich, wie katastrophal die Lage für Schutzsuchende in Libyen ist. Das Land, in dem die gewaltsamen Konflikte um die politische Vorherrschaft jüngst wieder eskaliert sind, verfügt über kein Asylsystem und hat die Genfer Flüchtlingskonvention nicht ratifiziert. Libyen erkennt zudem die Tätigkeit des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) auf libyschem Territorium formal nicht an. Rund 5.700 Menschen sind willkürlich und unter menschenunwürdigen Bedingungen in offiziellen, staatlich betriebenen Lagern interniert. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl inoffizieller Lager, in denen die Bedingungen noch schlechter sind. Schutzsuchende sind in Libyen ausnahmslos schwersten

Menschenrechtsverletzungen, wie Folter, Misshandlung, sexueller Gewalt, Ausbeutung und Zwangsarbeit, ausgesetzt, bis hin zu willkürlichen Hinrichtungen.
Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Appells, stellen daher fest, dass Menschen, die auf der Suche nach Schutz in Seenot geraten sind, aufgrund der menschenrechtlich unhaltbaren Zustände in Libyen nicht dorthin zurück verbracht werden dürfen. Dies würde klar im Widerspruch zum im Völkerrecht verankerten Non-Refoulement-Gebot stehen.
Wir nehmen zur Kenntnis und unterstützen, dass sich die zivile Seenotrettung aus dem Umstand heraus organisiert hat, dass die europäischen Mitgliedstaaten keine eigene Seenotrettung etabliert haben. Dass eine wachsende Zahl an Städten und Gemeinden in Deutschland und Europa sich zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen bereit erklärt, ist ein klarer Appell an die europäischen Regierungen, der politisch ernst zu nehmen ist.
Mit dem Wissen hierüber stellen wir folgende Forderungen an die Bundesregierung:
1. Die Bundesregierung muss sich in der EU und bei den Mitgliedstaaten für den Aufbau eines europäisch organisierten und finanzierten zivilen Seenotrettungssystems einsetzen.
2. Die Bundesregierung muss sich, notfalls mit einer Koalition williger EU Mitgliedsstaaten, für einen an humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Verteilmechanismus von allen aus Seenot geretteten Menschen einsetzen. Auf dem Mittelmeer geretteten Menschen darf der Zugang zu einem fairen Asylverfahren nicht verwehrt werden.
3. Der Bundesinnenminister muss den Kommunen und Gemeinden, die freiwillig aus Seenot gerettete Menschen aufnehmen wollen, so schnell wie möglich eine Zusage erteilen und bei der konkreten Aufnahme dieser Schutzsuchenden unterstützen.
4. Wir fordern die Bundesregierung und die europäischen Regierungen eindringlich dazu auf, sich für die unverzügliche Freilassung aller internierten Schutzsuchenden in Libyen einzusetzen und die zügige Evakuierung nach Niger sowie die Aufnahme durch das Resettlementprogramm der Vereinten Nationen zu unterstützen.

Unterzeichnerinnen- und Unterzeichnerliste:
1.
Amtsberg
Luise
B90/Die Grünen
2.
Roth
Claudia
B90/Die Grünen
3.
Heinrich
Frank
CDU
4.
Zimmer
Matthias
CDU
5.
Jensen
Gyde
FDP
6.
Kubicki
Wolfgang
FDP
7.
Kofler
Bärbel
SPD
8.
Schwabe
Frank
SPD
9.
Jelpke
Ulla
DIE LINKE
10.
Liebich
Stefan
DIE LINKE
11.
Göring-Eckardt
Katrin
B90/Die Grünen
12.
Baerbock
Annalena
B90/Die Grünen
13.
Patzelt
Martin
CDU
14.
Schummer
Uwe
CDU
15.
Kuhle
Konstantin
FDP
16.
Lechte
Ulrich
FDP
17.
Miersch
Matthias
SPD
18.
Lindh
Helge
SPD
19.
Brandt
Michel
DIE LINKE
20.
Lay
Caren
DIE LINKE
21.
Castellucci
Lars
SPD
22.
Özoğuz
Aydan
SPD
23.
Sarrazin
Manuel
B90/Die Grünen
24.
Kiziltepe
Cansel
SPD
25.
Von Notz
Konstantin
B90/Die Grünen
26.
Heinrich
Gabriela
SPD
27.
Bause
Margarete
B90/Die Grünen
28.
Polat
Filiz
B90/Die Grünen
4
29.
Köhler
Lukas
FDP
30.
Strasser
Benjamin
FDP
31.
Vogt
Ute
SPD
32.
Akbulut
Gökay
DIE LINKE
33.
Grundl
Erhard
B90/Die Grünen
34.
Lischka
Burkhard
SPD
35.
Brugger
Agnieszka
B90/Die Grünen
36.
Schmidt
Stefan
B90/Die Grünen
37.
Strengmann-Kuhn
Wolfgang
B90/Die Grünen
38.
Gremmels
Timon
SPD
39.
Juratovic
Josip
SPD
40.
Korte
Jan
DIE LINKE
41.
Nord
Thomas
DIE LINKE
42.
Gehring
Kai
B90/Die Grünen
43.
Renner
Martina
DIE LINKE
44.
Buchholz
Christine
DIE LINKE
45.
Pflüger
Tobias
DIE LINKE
46.
Rüffer
Corinna
B90/Die Grünen
47.
Mattheis
Hilde
SPD
48.
Kaiser
Elisabeth
SPD
49.
Nissen
Ulli
SPD
50.
Andreae
Kerstin
B90/Die Grünen
51.
Krellmann
Jutta
DIE LINKE
52.
Högl
Eva
SPD
53.
Perli
Victor
DIE LINKE
54.
Schraps
Johannes
SPD
55.
Bayaz
Danyal
B90/Die Grünen
56.
Birkwald
Matthias W.
DIE LINKE
57.
Brunner
Karl-Heinz
SPD
58.
Neu
Alexander S.
DIE LINKE
59.
Walter-Rosenheimer
Beate
B90/Die Grünen
5
60.
Dörner
Katja
B90/Die Grünen
61.
Gohlke
Nicole
DIE LINKE
62.
Stein
Mathias
SPD
63.
Weinberg
Harald
DIE LINKE
64.
Hahn
André
DIE LINKE
65.
Bas
Bärbel
SPD
66.
Rüthrich
Susann
SPD
67.
Stumpp
Margit
B90/Die Grünen
68.
Müller-Gemmeke
Beate
B90/Die Grünen
69.
Rimkus
Andreas
SPD
70.
Gysi
Gregor
DIE LINKE
71.
Link
Michael Georg
FDP
72.
Schulz
Swen
SPD
73.
De Ridder
Daniela
SPD
74.
Hofreiter
Anton
B90/Die Grünen
75.
Fricke
Otto
FDP
76.
Groß
Michael
SPD
77.
Gelbhaar
Stefan
B90/Die Grünen
78.
Kühn
Stephan
B90/Die Grünen
79.
Lindner
Tobias
B90/Die Grünen
80.
Rößner
Tabea
B90/Die Grünen
81.
Bull-Bischoff
Birke
Die LINKE
82.
Hagedorn
Bettina
SPD
83.
Wiese
Dirk
SPD
84.
De Masi
Fabio
DIE LINKE
85.
Lühmann
Kirsten
SPD
86.
Haßelmann
Britta
B90/Die Grünen
87.
Krischer
Oliver
B90/Die Grünen
88.
Kotting-Uhl
Sylvia
B90/Die Grünen
89.
Keul
Katja
B90/Die Grünen
90.
Schmidt
Frithjof
B90/Die Grünen
6
91.
Künast
Renate
B90/Die Grünen
92.
Zickenheiner
Gerhard
B90/Die Grünen
93.
Trittin
Jürgen
B90/Die Grünen
94.
Gelbhaar
Stefan
B90/Die Grünen
95.
Tressel
Markus
B90/Die Grünen
96.
Badum
Lisa
B90/Die Grünen
97.
Lazar
Monika
B90/Die Grünen
98.
Ostendorff
Friedrich
B90/Die Grünen
99.
Kekeritz
Uwe
B90/Die Grünen
100.
Nouripour
Omid
B90/Die Grünen
101.
Schulz-Asche
Kordula
B90/Die Grünen
102.
Wagner
Daniela
B90/Die Grünen
103.
Brantner
Franziska
B90/Die Grünen
104.
Mihalic
Irene
B90/Die Grünen
105.
Hoffmann
Bettina
B90/Die Grünen
106.
Janecek
Dieter
B90/Die Grünen
107.
Gastel
Matthias
B90/Die Grünen
108.
Rottmann
Manuela
B90/Die Grünen
109.
Kindler
Sven-Christian
B90/Die Grünen
110.
Kappert-Gonther
Kirsten
B90/Die Grünen
111.
Bayram
Canan
B90/Die Grünen
112.
Klein-Schmeink
Maria
B90/Die Grünen
113.
Lehmann
Sven
B90/Die Grünen
114.
Schauws
Ulle
B90/Die Grünen
115.
Von Holtz
Ottmar
B90/Die Grünen
116.
Kühn
Christian
B90/Die Grünen
117.
Dröge
Katharina
B90/Die Grünen
118.
Lemke
Steffi
B90/Die Grünen
119.
Müller
Claudia
B90/Die Grünen
120.
Christmann
Anna
B90/Die Grünen
121.
Deligöz
Ekin
B90/Die Grünen
7
122.
Ebner
Harald
B90/Die Grünen
123.
Özdemir
Cem
B90/Die Grünen
124.
Paus
Lisa
B90/Die Grünen
125.
Hajduk
Anja
B90/Die Grünen
126.
Kurth
Markus
B90/Die Grünen
127.
Verlinden
Julia
B90/Die Grünen
128.
Nestle
Ingrid
B90/Die Grünen
129.
Esdar
Wiebke
SPD
130.
Steffen
Sonja
SPD
131.
Özdemir
Mahmut
SPD
132.
Heidenblut
Dirk
SPD
133.
Schmidt
Dagmar
SPD
134.
Yüksel
Gülistan
SPD
135.
Stadler
Svenja
SPD
136.
Fahimi
Yasmin
SPD
137.
Diaby
Karamba
SPD
138.
Baradari
Nezahat
SPD
139.
Bartsch
Dietmar
DIE LINKE
140.
Gabelmann
Sylvia
DIE LINKE
141.
Zdebel
Hubertus
DIE LINKE
142.
Movassat
Niema
DIE LINKE
143.
Kessler
Achim
DIE LINKE
144.
Leidig
Sabine
DIE LINKE
145.
Müller
Norbert
DIE LINKE
146.
Tackmann
Kirsten
DIE LINKE
147.
Domscheit-Berg
Anke
DIE LINKE
148.
Krellmann
Jutta
DIE LINKE
149.
Dehm
Diether
DIE LINKE
150.
Mohamed Ali
Amira
DIE LINKE
151.
Lenkert
Ralph
DIE LINKE
152.
Renner
Martina
DIE LINKE
8
153.
Höhn
Matthias
DIE LINKE
154.
Sitte
Petra
DIE LINKE
155.
Pellmann
Sören
DIE LINKE
156.
Leutert
Michael
DIE LINKE
157.
Kassner
Kerstin
DIE LINKE
158.
Steinke
Kersten
DIE LINKE
159.
Lutze
Thomas
DIE LINKE
160.
Achelwilm
Doris
DIE LINKE
161.
Pflüger
Tobias
DIE LINKE
162.
Tatti
Jessica
DIE LINKE
163.
Hänsel
Heike
DIE LINKE
164.
Hahn
André
DIE LINKE
165.
Kipping
Katja
DIE LINKE
166.
Riexinger
Bernd
DIE LINKE
167.
Barrientos
Simone
DIE LINKE
168.
Dagdelen
Sevim
DIE LINKE
169.
Kassner
Kerstin
DIE LINKE
170.
Freihold
Brigitte
DIE LINKE
171.
Lötsch
Gesine
DIE LINKE
172.
Schüle
Manja
SPD
173.
Poschmann
Sabine
SPD
174.
Grötsch
Uli
SPD
175.
Hocker
Gero
FDP
176.
Fechner
Johannes
SPD
177.
Kolbe
Daniela
SPD
178.
Tack
Kerstin
SPD
179.
Ortleb
Josephine
SPD
180.
Bahr
Ulrike
SPD
181.
Nastic
Zaklin
DIE LINKE
182.
Möhring
Cornelia
DIE LINKE
183.
Esken
Saskia
SPD
9
184.
Ernst
Klaus
DIE LINKE
185.
Wagner
Andreas
DIE LINKE
186.
Beutin
Lorenz Gösta
DIE LINKE
187.
Schmidt
Ulla
SPD
188.
Ferschl
Susanne
DIE LINKE
189.
Scheer
Nina
SPD
190.
Griese
Kerstin
SPD
191.
Burkert
Martin
SPD
192.
Brandenburg
Jens
FDP
193.
Pau
Petra
DIE LINKE
194.
Junge
Frank
SPD
195.
Gerster
Martin
SPD
196.
Hendricks
Barbara
SPD
197.
Kapschack
Ralf
SPD
198.
Rosemann
Martin
SPD
199.
Breymaier
Leni
SPD
200.
Schreiber
Eva-Maria
DIE LINKE
201.
Schäfer
Axel
SPD
202.
Stamm-Fibich
Martina
SPD
203.
Dittmar
Sabine
SPD
204.
Hunko
Andrej
DIE LINKE
205.
Rix
Sönke
SPD
206.
Meiser
Pascal
DIE LINKE
207.
Mohrs
Falko
SPD
208.
Kober
Pascal
FDP
209.
Schwartze
Stefan
SPD
210.
Kaczmarek
Oliver
SPD
211.
Schrodi
Michael
SPD