Es lässt Menschen eben nicht unberührt, wenn sie sich nicht mehr frei bewegen dürfen, wenn Privatpersonen begründen müssen, warum sie das Haus verlassen, wann, wo und wie sie sich mit Freunden oder Fremden und sogar mit der Familie treffen. Das geht mir, meiner Familie, meinen Freunden und Bekannten nicht anders.
Allerdings: Eingriffe in Grundrechte sind in Deutschland erlaubt und von der Verfassung gedeckt. Ob die Regeln, Verbote und zuletzt die Lockerungen begründet und verhältnismäßig sind, darüber muss diskutiert werden. Auf der Straße und im Parlament. Und auch im Gerichtssaal: Alles, was die Bundesregierung und die Landesregierungen machen, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.
Ich finde, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen bislang nicht viel falsch gemacht haben und vor allem deutlich gemacht haben, dass alles getan wird, um die Auswirkungen gering zu halten. Umfragen bestätigen, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Regierung und die öffentlichen Institutionen sowie die Zustimmung zu den ergriffenen Maßnahmen weiterhin hoch ist.
Die große Zustimmung zum politischen Kurs darf uns aber nicht dazu verleiten, herablassend mit denen umzugehen, die anderer Meinung sind oder auf der Straße gegen die aktuelle Politik demonstrieren. Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass wir jederzeit ernsthaft und offen um den richtigen Kurs ringen müssen.
Aber dabei muss auch klar sein: Eine Verschwörungstheorie bleibt eine Verschwörungstheorie. Wer trotz hunderttausenden Toten weltweit die Pandemie als größten Schwindel der Menschheitsgeschichte entlarvt haben will, verbreitet gefährlichen Schwachsinn.
Und die rechtsextreme Szene versucht derzeit verstärkt, die Corona-Krise und die Demonstrationen der letzten Tage für sich zu nutzen und neue Anhänger zu gewinnen. In ganz Deutschland gibt es immer öfter Proteste, bei denen sich Rechtsextreme Gehör verschaffen wollen.
Für gefährlich und an der Wirklichkeit vorbei halte ich auch die Erzählung, Kritiker der Regierungspolitik würden allesamt als „Spinner“ abgetan, „abweichende Meinungen“ würden nicht mehr zugelassen. Dem müssen wir uns mit einer transparenten Politik entgegenstellen. Ich finde, das ist uns bisher in Deutschland gelungen.
Erschienen als „Bericht aus Berlin“ in der Eckernförder Zeitung am 22.05.2020 zur Fragestellung: „Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie als Bundespolitiker aus den bundesweiten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen?“