Ein ehemaliger Maßnahmen-Teilnehmer, der nun als Busfahrer arbeitet, kam zum Plausch vorbei, ein älterer Herr fuhr Möbel auf den Hof, eine Teilnehmerin verließ nach ihrem Coaching lächelnd das Gelände – mein Gespräch mit der Lebenswerft.Kreativwerkstatt fand in einer angenehmen Atmosphäre statt. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass alles rund läuft, trotz der Corona-Krise.
Leiter Reinhard Wegner verriet allerdings, dass in der Zeit jenseits von Abstandsregeln und zu desinfizierenden Türklinken bis zu 170 Teilnehmer*innen gleichzeitig an Maßnahmen der Lebenswerft teilnehmen. Aktuell sei die Zahl der Teilnehmenden drastisch reduziert. Dies liege u. a. daran, dass die Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter coronabedingt nur eingeschränkt erfolgen kann.
Zu Beginn der Krise durfte die Lebenswerft nur mit einer Notbesetzung und mittels kontaktloser Betreuung arbeiten. „Mir liegt das auf dem Magen. Ich sorge mich, dass wir Leute verlieren“, so Reinhard Wegner, der mit seinem 14-köpfigen Team einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Hinter der Lebenswerft steht kein großer Träger, sondern vor allem die Idee, Menschen individuell zu unterstützen. Im Fokus steht dabei nicht immer der direkte Weg in den ersten Arbeitsmarkt. Das Team, allesamt pädagogische Fachkräfte, hilft auch dabei, private Probleme anzugehen, vermittelt psychologische Hilfe und begleitet z. B. zusammen mit Kooperationspartner*innen wie Kompass ’98 den Prozess, wenn der erste Arbeitsmarkt sich nicht als passend erweist. Hilfe, die auch und besonders in der Corona-Zeit von Bedeutung ist.
Mitarbeiterin Teresa Ackermann leitet eine Maßnahme, die sich speziell an Menschen mit Migrationshintergrund richtet. „Dazu gehört, Menschen aufzufangen, die es gewohnt sind, in ihrem Herkunftsland einen ganz anderen Status zu haben“, erklärt Ackermann. Die studierte Pädagogin zeigt z. B. Ärzt*innen und Jurist*innen Perspektiven auf, wenn ein Abschluss nicht eins zu eins übertragbar ist. Auch sprachliche und kulturelle Inhalte, von der Rolle der Frau bis zum Solidarprinzip, sind Teil des Programms.
Neben Einzelcoachings und inhaltlichem Arbeiten gehört auch die Mitarbeit vor Ort zum Konzept der Lebenswerft. In der Holzwerkstatt und im Sozialkaufhaus gibt es jede Menge zu tun. „Jeder fühlt sich irgendwann für einen bestimmten Bereich verantwortlich, zum Beispiel im Garten oder im Verkauf“, so Viktoria Wagner, Leiterin der Maßnahme „Anluven“, die sich an Langzeitarbeitslose richtet. Und nicht nur die Teilnehmer*innen lernen hier jeden Tag dazu – einer der Teilnehmer hat mit Unterstützung von Wagner aus der Maßnahme heraus seine eigene Reinigungsfirma gegründet. „Manchmal geht es um ganz grundlegende Dinge, manchmal helfen wir auch bei der Unternehmensgründung“.
Ob Langzeitarbeitslose oder Jugendliche, die Mitarbeiter*innen der Lebenswerft vollbringen für ihre Teilnehmer*innen eine Weichenstellung für das restliche Leben. Ich bin beeindruckt von der Arbeit der Einrichtung. Nun sind die Jobcenter in der Pflicht, ihre Aktivitäten wieder auszuweiten, damit Menschen wichtige Hilfe erhalten können und die Existenz von Einrichtungen wie der Lebenswerft gesichert wird. Denn die sozialen Folgen der Krise lassen sich mit Geld später nicht einfach ausgleichen.