Dass es im Moment relativ wenig Todesfälle gibt, ist gut, darf uns aber nicht beruhigen. Nach Meinung der Fachleute liegt dies hauptsächlich daran, dass in den letzten Wochen eher junge Menschen betroffen waren, von denen relativ wenige schwer erkranken und versterben. Dies ändert sich gerade und es wird wieder mehr Todesfälle und mehr stationäre Aufnahmen geben wird, wenn sich mehr ältere Menschen infizieren.
Deshalb ist es weiter notwendig, dass jeder einzelne sich für den Infektionsschutz engagiert, z. B. Abstands- und Hygieneregeln konsequent einhält, dort wo es vorgeschrieben ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt und Menschenansammlungen meidet. Und auch wenn es den einen oder anderen schmerzt: Es ist wohl noch nicht die Zeit für die große Party oder die ganz große Familienfeier.
Wir sind in Deutschland zwar weit weg von den Zuständen, wie sie im April geherrscht haben, aber es müsste eigentlich auch dem Letzten klar sein, dass die Pandemie nicht einfach verschwindet. Das Robert-Koch-Institut sieht „weltweit und in Deutschland eine dynamische und ernst zu nehmende Situation“. Trotzdem würde ich mich heute dem Ruf nach mehr bundesweit verbindlichen Regeln nicht anschließen. Denn es gibt im Infektionsgeschehen deutliche regionale Unterschiede. Bayern und Berlin liegen weit über dem Bundesdurchschnitt, auch in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sieht es nicht gut aus, aber z. B. in Schleswig-Holstein gibt es relativ wenige Fälle. Und auch die Bundesländer mit hohen Fallzahlen sind nicht flächendeckend betroffen. Die Städte und Kreise mit erhöhten Fallzahlen sind bekannt, die Ursachen für die Ausbrüche auch. Bislang sind die Behörden in der Lage, mit umfangreichen, regional gezielten Maßnahmen erfolgreich zu reagieren.
Klar ist aber auch: Was heute noch ausreicht, kann schon in der nächsten Woche zu wenig sein. Wir müssen die steigenden Zahlen immer im Blick haben und gegebenenfalls strengere Maßnahmen ergreifen. Denn es wäre fatal, wenn wir den – verglichen mit anderen Ländern – „glimpflichen“ Status Quo fahrlässig verspielen würden.
Erschienen als „Bericht aus Berlin“ in der Eckernförder Zeitung am 23.09.2020 zur Fragestellung: „Steigende Infektionszahlen: Sind bundesweit verbindliche Regeln nicht erfolgsversprechender im Kampf gegen Corona als regionale Schutzmaßnahmen?“