Die Situation sah für die SPD im letzten Jahr um diese Zeit viel düsterer aus, als sie es jetzt für die SPD Schleswig-Holstein ist. Wir haben zusammen mit unserem Kanzler Olaf Scholz einen Rückstand von über zehn Prozentpunkten zwischen den niedrigsten Umfragewerten und dem endgültigen Wahlergebnis aufgeholt. Das ist gelungen, weil wir als Partei geschlossen waren, es gab keine Zwischenrufe vom Spielfeldrand, die die Presse und der politische Gegner nur zu gerne aufgegriffen hätten, und am Ende hat auch Olaf als Person mehr überzeugt, als der Kandidat der Union.
Die SPD hat zusammen mit der SPD-Bundestagsfraktion auf der Grundlage unseres Wahlprogrammes eine Koalition geschmiedet, bei der der Begriff „Ampel“ mehr zur Verwirrung als zur Beschreibung unserer Politik taugt. In der Natur der Ampel liegt es, dass es mal vorwärts geht (was gut ist), dass manchmal nichts geht und man manchmal aufpassen muss, was als nächstes passiert (beides eher nicht so gut). So regieren wir zukünftig nicht. Leider hat sich das Bild der Ampel für unsere Regierungskoalition in den Medien schon festgesetzt. Ich werde aber nicht müde, wo immer ich kann, für unsere Fortschrittskoalition zu werben. Denn das ist es, wofür wir mit dieser Koalition angetreten sind. Nach 16 Jahren Raute und davon 12 Jahren thematisch ausgebremster Sozialdemokratie wollen wir endlich wieder unsere gesellschaftspolitischen Vorstellungen für unser Land voranbringen. Dazu möchte ich aus meinem Bereich exemplarisch die Familienpolitik der kommenden Jahre vorstellen:
Bei der Kombination aus Mutter, Vater und Kind hört der Begriff Familie ganz sicher nicht auf. Die Lebensrealität vieler Menschen in Deutschland ist weit individueller und komplexer. Also muss Familienpolitik das ebenso sein, sich wandeln und modernisieren. „Familien sind vielfältig. Sie sind überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen“ – so steht es im Koalitionsvertrag. Die vielen kleinen und großen gesetzlichen Veränderungen, die wir in diesem Vertrag verankert haben, ergeben ein neues Familienbild. Eins, das unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit Rechnung trägt. Hier ein paar Beispiele:
➡ Pflegeeltern werden einen Anspruch auf Elterngeld bekommen, genau wie andere Eltern auch.
➡ Kommt ein Kind in die Ehe zweier Frauen, soll eine der Frauen es nicht länger adoptieren müssen. Beide werden automatisch rechtlich Mütter.
➡ Wir setzen uns dafür ein, dass Regenbogenfamilien und in der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen oder Lebenspartnerschaften in allen Mitgliedsstaaten mit allen Rechtsfolgen anerkannt werden.
➡ Wir wollen volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen. Unabhängig von einer Ehe.
➡ Wir werden eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die*den Partner*in nach der Geburt eines Kindes einführen. Diese Möglichkeit soll es auch für Alleinerziehende geben.
➡ Pflegende Angehörige und Nahestehende erhalten im Falle pflegebedingter Auszeiten eine Lohnersatzleistung.
Und das ist noch lange nicht alles. Wir wollen wieder Leben in die Gesellschaft bringen. Wir zeigen den Menschen, dass die Politik unserer Fortschrittskoalition auf der Höhe der Zeit ist. Es gibt eine Alternative zur regierenden Karibikurlaub-Koalition in der Kieler Staatskanzlei! Dafür legen wir uns in der Regierungsarbeit in Berlin ins Zeug.
Und eins haben wir im Wahlkampf im letzten Jahr gelernt: Es reicht nicht, nur gute Ideen zu haben. Man braucht auch jemanden, der bereit ist, die Aufgaben, die vor dem Land liegen, tatkräftig anzugehen. Schleswig-Holstein braucht einen Ministerpräsidenten, der das Ruder übernimmt und der weiß, wo die Reise hingehen soll. Schleswig-Holstein braucht einen Ministerpräsidenten, bei dem man sich traut, ihn auf dem Wochenmarkt anzusprechen. Schleswig-Holstein braucht Thomas Losse-Müller.